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Die Corona-Rückstellung im Abschluss 2019

Aufgrund der sich seit Jahresbeginn rasant entwickelnden Coronavirus-Pandemie stellen sich viele Unternehmer die Frage, ob bereits im Abschluss per 31. Dezember 2019 zulasten des Reingewinns eine Sonderrückstellung verbucht werden kann. Diese könnte in Zukunft dazu verwendet werden, Verluste aufzufangen.

Fabian Duss, Mai 2020

1. Rechnungslegungsrechtrechtliche Aspekte

Unter dem Rechnungslegungsrecht sind zwingend Rückstellungen zu bilden, wenn vergangene Ereignisse einen Mittelabfluss in künftigen Geschäftsjahren erwarten lassen (Art. 960e Abs. 2 OR). Über die zwingend erforderlichen Rückstellungen hinaus dürfen jedoch auch weitere Rückstellungen gebildet werden, bspw. zur Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens (Art. 960e Abs. 3 OR Ziff. 4).

Die sog. drohenden Verluste aus schwebenden Geschäften werden im geltenden Rechnungslegungsrecht nicht mehr explizit genannt. Beispiele hierfür sind Rückstellungen für Abnahme- oder Lieferverpflichtungen, wenn die eigene Leistung in einem zweiseitigen Rechtsgeschäft noch nicht erbracht wurde, und bei der Erfüllung mit einem Verlust gerechnet werden muss. Solche Rückstellungen gehören ebenfalls zu den zwingend erforderlichen Rückstellungen.

Eine pauschal bemessene Rückstellung für allgemeine Risiken der Corona-Krise kann Vorderhand als Rückstellung zur Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens qualifiziert werden. In bestimmten Fällen dürfte jedoch auch eine Einordnung unter die am Ende des Geschäftsjahres bestehenden Verpflichtungen oder die drohenden Verluste aus schwebenden Geschäften in Frage kommen. Solche Rückstellungen sind rechnungslegungsrechtlich zwingend vorzunehmen, sofern ein hinreichender Konnex zum abgelaufenen Geschäftsjahr besteht. Das kann beispielweise bei im Geschäftsjahr 2019 abgeschlossenen Liefer- und Werkverträgen im Bau- oder Industriebereich der Fall sein, wenn begründete Besorgnis besteht, dass der Abnehmer nicht wird bezahlen können oder wenn der Lieferant voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die Bestellung rechtzeitig auszuführen und deshalb in Verzug gerät. Aber auch drohende Verlustrisiken aus Dauerrechtsverhältnissen wie bspw. Mietverträgen rechtfertigen allenfalls die Bildung einer Rückstellung.

Wenn die Unternehmensfortführung grundsätzlich in Frage gestellt muss, sind dem Abschluss Veräusserungswerte zu Grunde zu legen. Eine Umstellung der Bilanzierung auf Veräusserungswerte zieht dabei regelmässig die Vornahme von wesentlichen Wertberichtigungen und zusätzlichen Rückstellungen nach sich. Bei der Bewertung müssen alle bekannten Tatsachen und Erwartungen für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2020 berücksichtigt werden. Aus diesem Grund dürften zusätzliche Rückstellungen für die erwarteten wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise rechnungslegungsrechtlich zwingend notwendig sein.

2. Steuerrechtliche Akzeptanz

Rückstellungen, die das Rechnungslegungsrecht zwingend vorschreibt, sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in jedem Fall geschäftsmässig begründet und somit auch steuerlich akzeptiert. Im Zusammenhang mit der Corona-Krise ist insbesondere an Schadenersatzverpflichtungen oder Konventionalstrafen bei Liefer- und Werkverträgen zu denken, wenn absehbar ist, dass der Lieferant seine Leistung nicht gehörig wird erfüllen können. Es handelt sich in diesem Fall um eine am Ende des Geschäftsjahres bestehende Verpflichtung. Weiter können Verluste aus schwebenden Geschäften drohen, bspw. bei zu erwartenden Minderzuflüssen aus Verträgen und Dauerrechtsverhältnissen, die im abgelaufenen Geschäftsjahr begründet worden sind oder bereits bestanden. Auch die zusätzlichen Rückstellungen im Falle einer Umstellung der Bilanzierung auf Veräusserungswerte sind steuerlich zu akzeptieren.

Pauschal bemessene Rückstellungen für allgemeine Risiken der Corona-Krise im Jahresabschluss 2019, die nach den Bestimmungen des Rechnungslegungsrechts zwar nicht geboten sind, aber dennoch gebildet werden dürfen, werden hingegen von den kantonalen Steuerbehörden nur vereinzelt akzeptiert. Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick der diesbezüglich bekannt gewordenen Verlautbarungen:

 

Kanton Rückstellung Umfang der Rückstellung Kommunikation
AG Ja Max. 25% des Reingewinns, max. CHF 250’000 27. März 2020
AR Nein 23. April 2020
BE Nein April 2020
SG Nein 7. April 2020
SZ Nein 2. April 2020
TG Ja Max. 25% des Reingewinns, max. CHF 1 Mio. 3. April 2020
TI Nein 20. April 2020
VD Nein April 2020
VS Ja Max. 50% des Reingewinns, max. CHF 300’000 26. März 2020
ZH Nein 17. April 2020
ZG Ja Max. 50% des Reingewinns, max. CHF 500’000 3. April 2020