In der Schweiz unterliegt ein durch eine Privatperson erzielter Kapitalgewinn auf beweglichem Vermögen grundsätzlich nicht der Einkommenssteuer. Zur Besteuerung kommt es jedoch, wenn der veräusserte Vermögenswert dem Geschäftsvermögen zuzuordnen ist. Die entscheidende Frage der Abgrenzung zwischen Privatvermögen und Geschäftsvermögen stellt sich auch beim Verkauf von Beteiligungen. Zwei aktuelle Bundesgerichtsurteile illustrieren die Kriterien, die für eine solche Einordnung entscheidend sind.
Kapitalgewinne aus der Veräusserung von beweglichem Privatvermögen sind gemäss Art. 16 Abs. 3 DBG und analoger kantonaler Gesetzesbestimmungen steuerfrei. Sind Kapitalgewinne natürlicher Personen aber im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit dem Geschäftsvermögen zuzuordnen, so unterliegen sie der Einkommenssteuer (Art. 18 Abs. 2 DBG und analoge kantonale Bestimmungen) und lösen ausserdem die AHV-Beitragspflicht aus. Entsprechend ist die Abgrenzung zwischen Privat- und Geschäftsvermögen bzw. die Qualifikation einer Handlung als private Vermögensverwaltung oder als selbständige Erwerbstätigkeit von erheblicher praktischer Relevanz.
Betroffen von dieser Thematik ist auch der Verkauf von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Im Unterschied zum Wertschriftenhandel werden beim Beteiligungshandel Anteile am Grundkapital von mindestens 10 Prozent verkauft. Das Bundesgericht wendet zur Abgrenzung zwischen Privat- und Geschäftsvermögen verschiedene Kriterien an, die zu einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls führen. Die steuerliche Qualifikation als gewerbsmässiger Beteiligungshandel ist im Extremfall bereits aufgrund einer einzelnen Transaktion möglich. Zwei neuere Bundesgerichtsentscheide illustrieren die Thematik.
Im Urteil 9C_403/2023 vom 25.06.2024 wies ein Steuerpflichtiger in seinen Steuererklärungen 2007 bis 2009 Anteile an Gesellschaften aus, die über Schürfrechte in Guinea-Bissau (Afrika) verfügten. In dieser Zeit war er als Projektentwickler für diese Gesellschaften tätig und finanzierte diese u.a. mit Aktionärsdarlehen von mehreren Hunderttausend Franken. Formell stand er in der Verantwortung als Präsident bzw. Geschäftsführer und Verwaltungsrat. Unter anderem unterzeichnete er als «Chairman» eine Vereinbarung mit der dortigen Regierung betreffend die Durchführung geologischer Untersuchungen. Im Zuge der Realisation eines Minenprojekts und der durch eine Bank vermittelten Übernahme der Gesellschaften durch einen strategischen Investor veräusserte der Steuerpflichtige im Jahr 2011 ein Aktienpaket von 42.9 Prozent.
Das Bundesgericht bestätigte das Urteil der Vorinstanz, wonach der Aktienverkauf als gewerbsmässiger Beteiligungshandel zu beurteilen sei. Es hielt zunächst fest, dass bei hauptberuflich unselbständig erwerbstätigen Personen der nebenberufliche Beteiligungshandel nur in seltenen Fällen zur Anwendung komme. Dieser könne aber auch bejaht werden, wenn nur eine Beteiligung verkauft werde. Eine besonders gewichtige Rolle spiele dabei vor allem die Fremdfinanzierung, das eingegangene (Unternehmer-)Risiko sowie das systematische und planmässige Vorgehen. Weniger Bedeutung komme der Höhe des tatsächlich erzielten Gewinns zu. Im vorliegenden Fall begründete das Bundesgericht sein Urteil damit, dass der Steuerpflichtige über einen langen Zeitraum grosse persönliche Bemühungen vornahm und eine direkte Einbindung in die Projektentwicklung bestand. Er sei erhebliche unternehmerische und finanzielle Risiken eingegangen und habe dabei branchenspezifische Kenntnisse in die Projektentwicklung eingebracht.
Der Entscheid 9C_454/2023 vom 11.12.2024 handelte von einem sowohl selbständig als auch unselbständig tätigen Anwalt, der sich Mitte der 90er Jahre an mehreren sanierungsbedürftigen Gesellschaften beteiligte, diese vor dem Konkurs rettete und danach Einsitz in den Verwaltungsrat nahm. Zusammen mit Geschäftspartnern kaufte er im Jahr 2012 eine weitere Gesellschaft, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Der Anwalt gewährte der Gesellschaft unter anderem ein Darlehen aus seinem Privatvermögen. Es gelang, den Konkurs abzuwenden und die Gesellschaft im Jahr 2015 mit hohem Gewinn zu verkaufen.
Gemäss Bundesgericht bedarf es für die Zuteilung einer Beteiligung zum Geschäftsvermögen eine hinreichend enge Beziehung zur Geschäftstätigkeit. Es bestätigte, dass es selbständigen Anwälten nicht verwehrt sei, Wertpapiere ihrer Mandanten im Privatvermögen zu halten. Entsprechend seien im vorliegenden Fall die Anwaltstätigkeit für die Gesellschaft, die wiederholte Beratung, die Investitionstätigkeit und die Einsitznahme im Verwaltungsrat per se noch keine hinreichenden Indizien, um die verkaufte Beteiligung der Geschäftstätigkeit des Anwalts zuzuordnen. Auch das Zusammenwirken mit Geschäftspartnern, der Erwerb der Beteiligungen über Geschäftskontakte und der erfolgreiche Verkauf diene seiner Anwaltstätigkeit nicht. Ein konkreter Nutzen oder Zweck für die Verbesserung der Geschäftstätigkeit als Anwalt sei nicht ersichtlich.
Die Zuordnung einer Beteiligung zum Privatvermögen oder zum Geschäftsvermögen einer Privatperson kann je nach Konstellation problematisch sein. Letztlich läuft es auf eine Einzelfallprüfung anhand von allgemeinen Kriterien hinaus, wie wir sie für die bekannteren Themen des gewerbsmässigen Liegenschaftenhandels oder des gewerbsmässigen Wertschriftenhandels kennen.
Dass der Verkauf einer qualifizierten Beteiligung durch eine Privatperson steuerfrei ist, wurde bis vor einigen Jahren als Selbstverständlichkeit angenommen. In der Praxis tritt der steuerbare, gewerbsmässige Beteiligungshandel jedoch immer häufiger in Erscheinung. Eine Analyse der konkreten Umstände des Einzelfalls kann dabei helfen, steuerliche Risiken einzuordnen.
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