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OECD-Mindeststeuer (Pillar 2) – Umsetzung in der Schweiz

Die schrittweise Einführung der globalen Mindestbesteuerung gemäss den OECD-Richtlinien stellt die Schweiz vor bedeutende steuerliche Veränderungen. Ab dem 1. Januar 2025 sind für multinationale Unternehmen neue Compliance-Anforderungen in Kraft getreten. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die Umsetzung von Pillar 2 in der Schweiz und die damit verbundenen steuerlichen Verpflichtungen für Unternehmen.

Pillar 2 in der Schweiz

Die OECD/G20-Initiative zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) führte zur Entwicklung von Pillar 2, die eine globale Mindeststeuer von 15% für multinationale Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von über 750 Millionen Euro vorsieht. Die Schweiz setzt diese Regelungen schrittweise um.

Am 22. Dezember 2023 verabschiedete der Schweizerische Bundesrat die Verordnung zur Einführung der OECD/G20-Mindestbesteuerung mit Wirkung zum 1. Januar 2024. Zunächst wurde die Qualified Domestic Minimum Top-up Tax (QDMTT) eingeführt, während die Anwendung der Income Inclusion Rule (IIR) und der Undertaxed Profits Rule (UTPR) vorerst verschoben wurde. Am 4. September 2024 entschied der Bundesrat, die IIR ab dem 1. Januar 2025 in Kraft zu setzen, um sicherzustellen, dass unterbesteuerte Gewinne ausländischer Konzerngesellschaften von in der Schweiz ansässigen multinationalen Unternehmen erfasst werden. Auf die Einführung einer UTPR wird vorläufig verzichtet.

Einführung der OMTax-Plattform

Zur Erleichterung der Einhaltung der neuen Steuerregelungen hat die Schweiz die webbasierte Anwendung OMTax entwickelt. Diese Plattform steht seit dem 1. Januar 2025 zur Verfügung und ermöglicht es Unternehmen, ihre steuerlichen Verpflichtungen elektronisch zu erfüllen. Die OMTax-Plattform ist in das ePortal der Eidgenössischen Steuerverwaltung integriert und in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch verfügbar.

Bestimmung der verantwortlichen Geschäftseinheit und Registrierungsprozess

Der Registrierungsprozess beginnt mit der Identifikation der steuerpflichtigen Schweizer
Geschäftseinheit (Constituent Entity). Diese Bestimmung erfolgt gemäss Art. 5 der MindStV. Sollte ein multinationaler Konzern mehrere Geschäftseinheiten in der Schweiz haben, muss die oberste inländische Gesellschaft oder die wirtschaftlich bedeutendste Geschäftseinheit (inkl. allfälliger Betriebsstätten ausländischer Gesellschaften[¹]) als verantwortliche Geschäftseinheit identifiziert werden. Während jeweils nur eine Geschäftseinheit steuerpflichtig wird, muss die anfallende Schweizer Ergänzungssteuer auf sämtliche Geschäftseinheiten verteilt werden. Die Verteilung erfolgt nach Massgabe des individuellen Beitrags zur Ergänzungssteuer auf Basis der Einzelabschlüsse dieser Geschäftseinheiten. Die Ergänzungssteuer ist zwar gewinnsteuerlich nicht abzugsfähig, allerdings kann eine nicht verursachungsgerechte Belastung der Geschäftseinheiten zu Verrechnungssteuer- oder Emissionsabgabefolgen führen. Daher ist die Identifikation der relevanten Geschäftseinheiten und die korrekte Verteilung des Aufwandes für die Ergänzungssteuer von zentraler Bedeutung. Dies ist auch im Rahmen der Steuerrückstellungsberechnungen nach OR-Rechnungslegungsrecht zu berücksichtigen.

Die Registrierung erfolgt elektronisch direkt über die OMTax-Plattform und kann seit dem 1. Januar 2025 vorgenommen werden. Sie kann direkt durch die betroffene Gruppe oder einen bevollmächtigten Vertreter erfolgen. Nach der Registrierung wird ein Aktivierungsschreiben mit einem individuellen Code versendet, der zur Freischaltung der Steuererklärung notwendig ist. Da die Bearbeitung einige Werktage in Anspruch nehmen kann, ist eine frühzeitige Registrierung empfehlenswert. Die Registrierung muss spätestens vor dem Einreichen der Steuererklärung abgeschlossen sein, welche 18 Monate nach dem Ende des ersten Steuerjahres fällig wird. Bei Geschäftseinheiten, die das Geschäftsjahr per 31.12.2024 abschliessen, ist die Registrierung bzw. die Einreichung der Ergänzungssteuererklärung somit spätestens bis zum 30. Juni 2026 vorzunehmen. Für künftige Geschäftsjahre ist die Ergänzungssteuererklärung innert 15 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres einzureichen.

Aktuelle Entwicklungen in den Kantonen

Mit der Einführung der Mindestbesteuerung diskutieren mehrere Kantone über Anpassungen ihrer Gesetzgebung, um die steuerliche Attraktivität zu bewahren und zusätzliche steuerliche Belastungen für ansässige Unternehmen zu minimieren. Einzelne Kantone prüfen gezielt Standortförderungsmassnahem bspw. über qualifizierte Steuergutschriften (Basel-Stadt, Graubünden, Luzern, Zug).

Gleichzeitig führt die vorgesehene Verteilung der zusätzlichen Steuererträge zwischen Bund und Kantonen dazu, dass einige Kantone Steuersatzerhöhungen prüfen. So hat der Regierungsrat des Kantons Zug am 17. Dezember 2024 beantragt, Gewinne über 20 Millionen Franken mit einer zusätzlichen Gewinnsteuer von 3% zu belasten. Dieser Vorschlag wurde vom Regierungsrat am 11. März 2025 wieder zurückgezogen, zeigt aber dennoch die Dynamik der aktuellen Diskussion. Luzern berät aktuell über eine ähnliche zusätzliche Kantonale Gewinnsteuer. Steuersatzerhöhungen wurden bspw. in den Kantonen Basel-Stadt, Genf, Neuenburg, Schaffhausen und Waadt bereits vollzogen. Von diesen Steuersatzänderungen sind nicht nur ergänzungssteuerpflichtige Unternehmen betroffen.

Praktische Schritte für Unternehmen

Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, sollten Unternehmen folgende Schritte unternehmen:

  • Überprüfung der Anwendbarkeit: Ermitteln Sie, ob Ihr Unternehmen in den Geltungsbereich der globalen Mindeststeuer fällt.
  • Identifikation der verantwortlichen Geschäftseinheit: Bestimmen Sie sorgfältig die zuständige Geschäftseinheit gemäss den gesetzlichen Vorgaben.
  • Frühzeitige Registrierung: Nutzen Sie die OMTax-Plattform, um die erforderliche Registrierung vorzunehmen.
  • Belastung der Ergänzungssteuer: Prüfen Sie die Belastung der Schweizer Ergänzungssteuer auf einzelne Schweizer Geschäftseinheiten nach Massgabe des individuellen Beitrags zur Ergänzungssteuer.
  • Überprüfung interner Prozesse: Passen Sie Ihre internen Compliance- und Reporting-Prozesse an die neuen Anforderungen an.
  • Einholung fachkundiger Beratung: Konsultieren Sie Steuerexperten, um sicherzustellen, dass alle Verpflichtungen korrekt erfüllt werden und um mögliche steuerliche Risiken zu minimieren

Fazit

Die Einführung der globalen Mindeststeuer stellt Unternehmen in der Schweiz vor neue Herausforderungen. Mit der OMTax-Plattform steht eine effiziente Lösung zur Verfügung, um die Compliance-Anforderungen zu erfüllen. Dennoch ist es unerlässlich, die spezifischen Verpflichtungen und Fristen genau zu kennen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen, um steuerliche Risiken zu vermeiden. Eine proaktive Herangehensweise und eine fachkundige Beratung sind dabei entscheidend.

 

[¹] Mit Mitteilung vom 18. März 2025 hat die Eidgenössische Steuerverwaltung klargestellt, dass die Steuer- und Verfahrenspflichten sowie die Haftung für Betriebsstätten ausländischer Gesellschaften das ausländische Stammhaus treffen.