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Verrechnungssteuer: Entspannung bei der Rückerstattung

Pascal Taddei, Mathias Häni, Februar 2019

Per 1. Januar 2019 ist eine erfreuliche Gesetzesanpassung für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer erfolgt. Es wird damit die strenge Verwaltungspraxis bei einer nicht ordnungsgemässen Deklaration von verrechnungssteuerbelasteten Einkünften korrigiert.

A. Ausgangslage

Eine in der Schweiz wohnhafte Privatperson hat unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer von 35 Prozent auf Kapitalerträgen und Lotteriegewinnen. Eine der gesetzlichen Voraussetzungen ist, dass die Privatperson die mit der Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte „der zuständigen Steuerbehörde angibt“.

Beispiel:

Eine Aktiengesellschaft schüttet eine Dividende von CHF 10 pro Aktie aus und muss davon die Verrechnungssteuer von CHF 3.50 pro Aktie der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) nach Bern überweisen. Der Restbetrag von CHF 6.50 pro Aktie zahlt sie an die Aktionäre aus. Wenn in der Folge ein Aktionär mit 100 Aktien die Dividende von CHF 1’000 ordnungsgemäss in seiner Steuererklärung deklariert, hat er Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer von CHF 350. Im Normalfall wird dieser Anspruch mit der Einkommenssteuerschuld verrechnet.

Was genau eine ordnungsgemässe Deklaration der Einkünfte bedeutet, war in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand von Streitfällen. Die Praxis der ESTV war streng. Wenn bspw. die Deklaration unvollständig war und die Steuerbehörde von den betroffenen Einkünften erst auf Nachfrage erfuhr, wurde der Rückerstattungsanspruch grundsätzlich verweigert. Dies konnte dazu führen, dass auch bei einem offensichtlichen Deklarationsversehen ohne Hinterziehungsabsicht die Rückerstattung der Verrechnungssteuer nicht möglich war. Die schmerzhafte Folge daraus war die doppelte Besteuerung der Einkünfte. Die als Sicherungssteuer konzipierte Verrechnungssteuer wurde in solchen Fällen faktisch zu einer Strafsteuer.

B. Neues Recht

Das eidgenössische Parlament hat nun diese Praxis der ESTV in der Herbstsession 2018 mit einer Anpassung des Gesetzes entschärft. Die Änderung ist per 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Das Ziel der Gesetzesänderung ist, dass die Verrechnungssteuer auch dann zurückerstattet wird, wenn die Einkünfte in der Steuererklärung aufgrund von Fahrlässigkeit nicht deklariert worden sind. Die Verweigerung der Rückerstattung der Verrechnungssteuer soll damit auf diejenigen Fälle beschränkt werden, in denen eine versuchte oder eine vollendete vorsätzliche Steuerhinterziehung vorliegt.

Neu ist deshalb auch eine nachträgliche Deklaration der mit Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte möglich, sofern diese „fahrlässig nicht angegeben wurden“. Zusätzlich ist erforderlich, dass das Veranlagungs-, Revisions- oder Nachsteuerverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann der Rückerstattungsanspruch neu auch gewährt werden, wenn die Steuerbehörde solche Einkünfte von sich aus feststellt.

C. Rückwirkung

Die Gesetzesänderung ist auch auf Sachverhalte anwendbar, die vor dem 1. Januar 2019 eingetreten sind. Das neue Recht gilt nämlich für Ansprüche, die seit dem 1. Januar 2014 entstanden sind, sofern über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Steuerpflichtige erhalten somit die Möglichkeit, den fahrlässig verpassten Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer nachzuholen.

Wenden Sie sich an uns, falls Sie Fragen zu diesem Thema haben oder wir Ihnen bei einem Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer behilflich sein können.