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Steuerreform (STAF) – Die Schweizer Patentbox

mit Dr. Andreas Detken und Harry Frischknecht, Isler & Pedrazzini AG

Pascal Taddei, Marc Dietschi, September 2019

A. Ausgangslage

Aufgrund der STAF werden international nicht mehr akzeptierte Steuerprivilegien für Unternehmen (insbesondere Holdinggesellschaften, gemischte Gesellschaften und Domizilgesellschaften) per 1. Januar 2020 abgeschafft und durch anerkannte Massnahmen ersetzt. Eine dieser Massnahmen ist die obligatorische Einführung einer Patentbox auf kantonaler Ebene. Die Patentbox ermöglicht eine privilegierte Besteuerung von Erträgen aus immateriellen Gütern (IP). Die Einführung der Patentbox war im Rahmen der Reformbestrebungen weitgehend unbestritten und deren Ausgestaltung wurde massgeblich durch die aktuellen Entwicklungen im internationalen Steuerrecht geprägt.

Neben der Patentbox wird mit einem erhöhten Abzug von Forschungs- und Entwicklungs-Aufwendungen ein zusätzlicher steuerlicher Anreiz zur Förderung von Forschung und
Entwicklung (F&E) in der Schweiz geschaffen.

B. Funktionsweise

Das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) sieht vor, dass die Einkünfte aus Patenten und vergleichbaren Rechten von einer privilegierten Besteuerung profitieren können, sofern sie auf F&E-Aktivitäten des Steuerpflichtigen beruhen.

Als Patente und vergleichbare Rechte gelten Europäische Patente mit Benennung der Schweiz, schweizerische Patente und ausländische Patente, die den genannten Patenten gleichgestellt sind. Gerade schweizerische Patente sind für die Patentbox sehr interessant, da diese im internationalen Vergleich einfach und kostengünstig zur Erteilung gebracht werden können.

Als vergleichbare Rechte gelten ergänzende Schutzzertifikate (Verlängerung des Patentschutzes für Arznei- und Pflanzenschutzmittel nach Ablauf des Grundpatents), Topografien (Schutz von Halbleiterstrukturen), nach dem Sortenschutzgesetz geschützte Pflanzensorten sowie Unterlagen, die nach dem Heilmittelgesetz geschützt sind.

Die noch nicht in Kraft gesetzte Verordnung sieht vor, dass die ermässigte Besteuerung aus einem Patent oder einem vergleichbaren Recht erst ab dessen Erteilung beantragt werden kann. Für hängige Anmeldungen kann demnach keine ermässigte Besteuerung geltend gemacht werden.

Bei Erlöschen des Patents oder der vergleichbaren Rechte endet die ermässigte Besteuerung. Ein rückwirkendes Erlöschen des Patents, beispielsweise in einem Nichtigkeitsverfahren oder in einem Einspruchsverfahren, oder der vergleichbaren Rechte hat keinen Einfluss auf die Besteuerung in den vorangegangenen Steuerperioden.

Die privilegierten Einkünfte werden in einem zweistufigen Verfahren ermittelt: In einem ersten Schritt wird der direkt auf das IP zurückzuführende Gewinn (sog. Residualgewinn) ermittelt, welcher in einem zweiten Schritt mit dem Nexus-Faktor multipliziert wird
(vgl. Grafik).

Soweit ein Produkt durch mehrere Patente geschützt ist oder sich der Reingewinn aus den Produkten in der Patentbox nicht direkt feststellen lässt, sieht die Verordnung Vereinfachungen zur Ermittlung des ermässigten steuerbaren Reingewinns vor.

Der Nexus-Faktor ist der Quotient der qualifizierenden Entwicklungs-Aufwendungen gemessen an den gesamten IP-Entwicklungs-Aufwendungen. Qualifizierende Aufwendungen sind die vom Unternehmen im Inland getragenen F&E-Kosten (eigene Kosten, Kosten für Auftrags-F&E von Gruppengesellschaften und Dritten) sowie die Kosten für Auftrags-F&E von Dritten im Ausland. Nicht qualifizierende Aufwendungen (z.B. Kosten für Auftrags-F&E durch Gruppengesellschaften im Ausland oder Kosten für IP-Akquisition) werden durch den sog. Up-lift bei den qualifizierenden Aufwendungen berücksichtigt. Dieser ist auf die Höhe von 30% der qualifizierenden Aufwendungen begrenzt. Die Multiplikation des Residualgewinns mit dem Nexus-Faktor (max. 1) ergibt den Boxengewinn. Der Boxengewinn wird auf kantonaler Ebene zu max. 90% von der steuerlichen Bemessungsgrundlage ausgenommen, d.h. mindestens 10% des Boxengewinns unterliegen der ordentlichen Besteuerung.
Die Kantone können eine geringere Ermässigung vorsehen. Auf Bundesebene unterliegt der gesamte Boxengewinn weiterhin der ordentlichen Besteuerung. Daraus kann ein kombinierter effektiver Gewinnsteuersatz (Bund, Kanton und Gemeinde) von rund 10% resultieren (vgl. Grafik).

Die gesamte steuerliche Ermässigung verschiedener Massnahmen (inkl. Patentbox) beträgt maximal 70 Prozent des steuerbaren Gewinns vor Verlustverrechnung (sog. Entlastungbegrenzung).

Beim erstmaligen Eintritt in die Patentbox werden die in der Vergangenheit berücksichtigten F&E-Aufwendungen steuerlich aufgerechnet und es ist eine versteuerte stille Reserve zu bilden. Dies kann im Jahr des Eintritts zu einer signifikanten Steuerbelastung führen, weshalb die Kantone die Besteuerung auf andere Weise sicherstellen können. Während der Kanton Basel-Stadt bspw. eine reduzierte Besteuerung beim Boxeneintritt zur Einmalerledigung vorsieht, müssen im Kanton Zürich die ermittelten Reingewinne erst mit den geltend gemachten F&E-Aufwendungen verrechnet werden, bevor die privilegierte Besteuerung greift. Weiter bestehen Dokumentationspflichten für die Patentbox, die es zu beachten gilt.

C. F&E-Abzug

Zusätzlich zur Patentbox können Kantone zur steuerlichen Förderung der F&E-Aktivitäten in der Schweiz einen erhöhten Abzug für F&E-Aufwendungen zulassen. Der F&E-Abzug ist nicht an Patente (und vergleichbare Rechte) geknüpft und steht dadurch einem weiteren Kreis von Steuerpflichtigen offen. Der erhöhte Abzug beträgt maximal 50% des F&E-Aufwands und unterliegt ebenfalls der Entlastungsbegrenzung.

D. Fazit und Ausblick

Durch die Steuerreform bleibt die Schweiz auch im internationalen Vergleich ein attraktiver Steuerstandort. Auch wenn noch nicht alle Details zur Patentbox festgelegt sind, ist klar, dass den Unternehmen mit der Patentbox ein interessantes Werkzeug an die Hand gegeben wird:

  • Die Patentbox ist besonders attraktiv für Schweizer KMUs, da diese ihre F&E oft im Inland ausüben. Ausserdem kann die Patentbox auch für Schweizer Gesellschaften von Interesse sein, welche ihre F&E ausschliesslich durch Dritte via Auftrags-F&E im Ausland ausüben.
  • Die für die Patentbox qualifizierenden Schutzrechte können auf einfache Weise erlangt werden.
  • Auch für Start-Ups kann die Patentbox eine interessante Massnahme darstellen. Obwohl in der Anfangsphase typischerweise noch keine Gewinne erzielt werden, kann ein allfälliger Eintritt bereits ins Auge gefasst werden und bspw. die Buchhaltung entsprechend aufgesetzt werden.

 

Soweit sich die Patente auf Produkte beziehen, ist die Patentbox insbesondere bei Produkten mit hohen Margen interessant. Ob sich ein Boxeneintritt im konkreten Einzelfall lohnt, ist jedoch abhängig von diversen Faktoren, die es zu prüfen gilt. Unter anderem ist die Umsetzung in den Kantonen uneinheitlich, und es wird zu beobachten sein, wie die einzelnen Kantone die Patentbox ausgestalten.

Wer schon für die Steuerperiode 2020 von der Patentbox profitieren möchte, benötigt ein Patent, das bis Ende 2020 erteilt sein muss. Da für die Gültigkeit eines Patents bestimmte Voraussetzungen gelten (insbesondere das Neuheitserfordernis) und das Patenterteilungsverfahren einige Zeit beanspruchen kann, besteht bereits jetzt Handlungsbedarf.

Der erhöhte Abzug von F&E-Aufwendungen stellt eine Massnahme dar, von der mit vergleichsweise geringem Aufwand profitiert werden kann. Auch hier ist jedoch eine konkrete Prüfung des Einzelfalls notwendig, ob qualifizierende F&E-Aufwendungen vorliegen.
Ferner sind gegebenenfalls rechtzeitig Anpassungen in der Finanzbuchhaltung vorzunehmen, um die korrekte Basis für den F&E-Abzug überhaupt ermitteln zu können.

Als nächster Schritt kann ein Eintritt in die Patentbox aus steuerlicher und patentrechtlicher Sicht im Rahmen einer Machbarkeitsanalyse geprüft werden.

Hierfür stehen Ihnen die Steuerspezialisten von ADB Altorfer Duss & Beilstein AG und die Patentanwälte von Isler & Pedrazzini AG gerne auch gemeinsam zur Verfügung.